Rehaklinik Bad Oexen. 15.11.11
Wir sind eine kleine oder große Gruppe
von 11 Jungen Erwachsenen Menschen von 21 bis 31 Jahren mit
unterschiedlichen onkologischen Vorgeschichten, unterschiedlichen
Stadien der Erkrankung und unterschiedlichen Prognosen.
Wir sitzen am Mittagstisch und können
seit der Einreise nicht aufhören, über unsere Gemeinsamkeiten und
einige Unterschiede zu sprechen, uns auszutauschen. Jeder will zu
Wort kommen, jeder will sein „und ich auch“ aussprechen, endlich
ist das auf der Tagesordnung. Gerade reden wir über die
Vergesslichkeit und unseres „sich-nicht -konzentrieren-können“.
Die Psychologen sagen, das kommt als Folge der Chemo oder anderen
Medikamenten oder als Folge einer großen Angst, Todesangst zum
Beispiel, oder einer anderen traumatischen Erfahrung häufig vor. Wir
tauschen uns aus. Es ist lustig, fast jeder nickt oder sagt „ja ja,
bei mir auch“. Fast alle von uns schreiben Spickzettel vor den
Arztbesuchen, weil ansonsten die größte Hälfte vergessen wird.
Fast alle vergessen Namen, verdrehen Buchstaben, vergessen Vokabeln,
vergessen grundsätzlich fast alle Geburtstage, und können so
langen geschriebenen Sätzen wie dieser nur noch schwer folgen. J.
sagt, dass sie nicht länger als 20 Minuten zuhören kann. Der
Aussage folgen erstmal viele begeisterte Zurufe von allen Seiten.
Meine Gedanken schweben über das Gemurmel am Tisch. Ich höre nicht
mehr zu. Ich denke an meine Freundin, die ich liebe, und die
sichtlich verletzt darüber war, als ich etwas Wichtiges vergessen
habe, was sie mir gerade vor kurzem erzählte. Sie weiss, dass ich
nichts dafür kann, und ich weiss, dass sich das blöd und verletzend
anfühlt. Morphindemenz nennen wir das und können zum Glück
meistens darüber lachen.
Mit meiner Aufmerksamkeit wieder am
Tisch merke ich, wie das warme Gefühl des Nicht-allein-Seins, des
Dazu-gehörens hier, an diesem Tisch, sich in mir breit macht. Es tut
so gut...
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